Warum Asiaten die Welt (und insbesondere Websites) anders sehen

Nachdem ich hier bereits über die Gestaltung von Websites und Shops für Frauen, Männer oder Teenager berichtet habe, geht es heute um das Design von asiatischen Websites im Vergleich zu westlichen Websites. Meine Kollegin Mayen wurde zu dem Thema von der PAGE (02.2014) interviewt und es kamen sehr spannende Erkenntnisse dabei raus. Da die PAGE aus Papier besteht, kann ich nur auf eine Grafik des Beitrags verlinken, aber immerhin gibt es ihn online und man kann ihn lesen.

“Manche Design-Praktiken würden im Westen als Beleidigung fürs Auge aufgefasst”

Das Thema ist super spannend, vor allem im Hinblick auf Websites internationaler Konzerne, die aus Marken-Gesichtspunkten (Corporate Design) oder auch aus Effizienz-Gründen in allen Ländern exakt gleich auftreten möchten. Spätestens wenn Ihr Mayens Beitrag gelesen habt, werdet Ihr Euch fragen, ob das nicht der falsche Weg ist. 😉 Das bedeutet aber nicht, dass man komplett unterschiedliche Konzepte und Designs entwickeln muss. Aber ein paar Tricks und Kniffe braucht es schon.

Bierwebsites
Beispiele: http://www.sapporobeer.jp/   http://www.bitburger.de/

Natürlich wissen wir, dass es für den Erfolg einer Website unerlässlich ist, dass die Anforderungen und Bedürfnisse der Zielgruppen berücksichtigt werden müssen. Aber wissen wir auch welches Unterschiede es auf regionaler Ebene gibt … und, was ich besonders spannend finde, warum das so ist?

Warum ist westliches Webdesign eher minimalistisch und linear, während asiatische Website darauf ausgerichtet sind, dass viele Informationen gescannt und verarbeitet werden können.
Zum einen gibt es kulturelle Hintergründe: in westlichen Ländern zählt vor allem das Individuum und sein Wohlbefinden, die Sprache ist sehr direkt. In asiatischen Ländern steht dagegen das kollektive Wohl mehr im Vordergrund und die Sprache ist eher indirekt. Das Ergebnis ist, dass westliche Websites schnell zum Ziel führen müssen, während asiatische Websites viele Hintergrundinformationen bieten müssen. Das ist der Grund, weshalb es auf asiatischen Websites meist von Links nur so wimmelt – man will so viel Information bieten wie möglich, statt sich auf einen Task zu konzentrieren.
Welche Konsequenzen das Schriftsystem, die Ausbildung, die visuelle Wahrnehmung oder auch unsere Sehgewohnheiten auf das Webdesign haben, lest Ihr in dem Interview. Es gibt auch viele Beispiele zu sehen. Viel Spaß damit!

E-Commerce für Frauen – ein Vortrag beim Webmontag Frankfurt

Letztes Jahr habe ich an einem Online-Shop mit vorrangig weiblicher Zielgruppe gearbeitet. Dank Jochen, der sich seit Jahren zum Thema  “Wie Frauen kaufen” die Finger wund bloggt, war das Thema schon lange präsent in meinem Kopf. Nun konnte ich mich mit meinen Kollegen endlich mal selbst ausgiebig damit beschäftigen, und wir haben viele interessante Dinge zu Tage gebracht. Einige unserer Ergebnisse hatten meine Kollegin Astrid und ich schon in einem Gastkommentar in der W&V beschrieben (den wir allerdings unglaublich kürzen mussten, weshalb er meiner Meinung nach nicht mehr ganz so rund klingt).

Und jetzt waren wir dank des unerschrockenen Einsatzes von Alipasha vor zwei Wochen mit einem kleinen Vortrag beim Webmontag in Frankfurt. (Auch hier mussten wir einen einstündigen Vortrag auf 15 Minuten kürzen.)

Vielleicht kommt’s in dem Vortrag ein bisschen rüber: Dieses Thema macht unglaublich Spaß! Nicht nur, weil es enorm viele lustige Klischees birgt, die sich sogar manchmal als wissenschaftlicher Fakt entpuppen. Sondern auch, weil man regelmäßig Aha-Erlebnisse hat und nach und nach ein bisschen mehr versteht, warum die Welt so ist, wie sie ist. Im positiven und im negativen Sinne … und man erkennt, wie man so einiges vielleicht ein bisschen besser machen kann.

Viel Spaß damit:

E-Commerce für Frauen: Männer jagen, Frauen auch. Nur anders. from wmfra on Vimeo.

PS: Wenn wir im Vortrag von DEN Frauen sprechen, ist damit ein Frauen typisches Verhalten gemeint, das natürlich auch Männer haben können. Und das Gleiche gilt natürlich auch für DIE Männer.

Hier noch ein paar unserer wichtigsten Quellen:

Gender Marketing – Neue Ansätze im Konsumgütermarketing, Munich Business School, Studie 2012
Marketing to Women: How to Increase Your Share of the World’s Largest Market, Marti Barletta, 2011
Erfolgsfaktoren im E-Commerce – Deutschlands Top-Online-Shops, ECC Handel und Hermes, Studie 2012
Was Frauen wollen: Warum sie kaufen, was sie kaufen, Paco Underhill, 2010

Um das Thema “wie Frauen online shoppen” geht’s auch auf der Konferenz Exceed von Exciting Commerce am 12. und 13.3.13 in Berlin.

Update:
Astrid und ich haben diesen Vortrag überarbeitet und erweitert und bei der Meet Magento 2014 präsentiert. Hier findet ihr das Video und dazugehörigen Slides: Female Commerce.

Mit “Meine Spielzeugkiste” zu weniger Konsum

Wenn man sich viel mit E-Commerce beschäftigt, überkommt einen manchmal ein ungutes Gefühl …  in Bezug auf Verschwendung von Ressourcen und übertriebenden Konsum. Also, mich zumindest. Aber bevor ich zur Konsumverweigerin werde 😉 erfreue ich mich erst noch an tollen neuen Shopping-Konzepten, die genau diesem unguten Gefühl entgegen wirken, indem sie z.B. die gemeinschaftliche Nutzung von Gütern als Grundlage nehmen. Collaborative Consumption nennt man diesen Ansatz. Mehr dazu kann man bei Lilligreen nachlesen (aus dem Blickwinkel Nachhaltigkeit) oder bei etailment (durch die E-Commerce-Brille).

Meine Spielzeugkiste ist so ein Konzept. Man kauft nicht das Spielzeug sondern mietet es auf Zeit. Irgendwann schickt man es wieder zurück und Meine Spielzeugkiste vermietet es an die nächste Familie. Das Ganze funktioniert auf Abo-Basis – man wählt die Größe der Kiste (je nach Anzahl der enthaltenen Spiele) und zahlt einen monatlichen Betrag (also auch Abo-Commerce). Ab 14 Euro ist man dabei. Man kann selbst auswählen, welche Spielzeuge in die Kisten reinkommen. Zur Auswahl steht pädagogisch wertvolles Spielzeug, jedoch keine Baukästen, Bastelsets oder hoch emotionales Spielzeug wie Teddys oder Puppen, da sich diese nicht zur Vermietung eignen. Die Kiste behält man so lange, bis man wieder neues Spielzeug haben möchte. Wenn den Kindern mal ein Spielzeug besonders gut gefällt, kann es auch vergünstigt gekauft und behalten werden.

Weniger ist mehr
Vor Weihnachten haben wir in der Agentur Spielzeug für benachteiligte Familien gesammelt. Wir waren wirklich überrascht, wie viel da zusammen kam. Daher halte ich es für einen interessanten Ansatz, dass man das Spielzeug nur eine Weile behält und es dann wieder zurück schickt. Auch die Kinder lernen dabei, dass man nicht alles selbst besitzen muss. Und gerade bei Einzelkindern, die die Sachen nicht an kleine Geschwister weiterreichen können, vermeidet man so doch einen ordentlichen Spielzeugberg.

Der besondere Service
Die meisten Collaborative Consumption-Dienste funktionieren als P2P-Plattform, sie sind also Marktplätze bei denen sich die Nutzer registrieren und ihre Sachen tauschen, anbieten oder kaufen. Das ist für den einzelnen Nutzer sehr aufwendig, weil er die Sachen fotografieren, einstellen, beobachten oder auch das passende finden muss. Und das nötige Vertrauen muss auch vorhanden sein. Meine Spielzeugkiste geht hier einen anderen Weg und bietet quasi einen Komplettservice an. Denn mehr als das Auswählen der Spiele oder das Versenden der Kiste muss der Nutzer nicht tun.

Die richtige Wahl
Da ich das Angebot selbst nicht getestet habe, verlinke ich mal auf einen sehr interessanten Bericht einer begeisterten Mutter. Hier wird berichtet, dass die kleine Tochter manches Spielzeug aus der Kiste sehr gerne mochte und anderes wiederum gar nicht. Dieses Abo-Modell führt also auch dazu, dass viel Spielzeug getestet und letztendlich nur das behalten wird, was auch tatsächlich gefällt. Die Spielzeugauswahl erfolgt aus fünf Themen: Kreativität, Logisches Denken, Motorik, Gemeinschaftssinn, Musik und Sprache und richtet sich nach dem Alter des Kindes. Es gibt auch ein Empfehlungstool, das aber letztendlich auch nur Zufallstreffer angezeigt.

Zum Geschäftsmodell
Meine Spielzeugkiste wäre kein modernes E-Commerce-Konzept, wenn es nicht noch Optionen gäbe, die man für zusätzliches Geld hinzubuchen kann. Für 5 Euro zusätzlich zum monatlichen Beitrag erhält man immer nagelneues Spielzeug. (Ich persönlich würde ja einen zusätzlichen Betrag für nachhaltiges und gesundheitlich völlig unbedenkliches Spielzeug zahlen.)
Und wie man hier nachlesen kann, setzt Meine Spielzeugkiste natürlich darauf, dass Kinder Spielzeug gerne behalten wollen, wenn sie es einmal gespielt haben. Wie oben bereits beschrieben, können Kunden daher Spielzeuge auch behalten und nachträglich für 30% unter Neupreis kaufen.
Zudem gibt es Spielzeuge, die Teil einer Produktreihe sind, bei denen Startersets um zusätzliche Teile oder neue Versionen erweitert werden können. Meine Spielzeugkiste vermietet nur Startersets und setzt auf Kooperationen mit den Herstellern.

Weniger Konsum?
Ob ein solches Konzept nun tatsächlich zu weniger Konsum führt, wie ich in der Überschrift zu behaupten wagte, weiß ich nicht. Ich vermute mal, dass trotz aller Kaufanreize die meisten Spielzeuge mehrfach vermietet und daher von mehreren Kindern bespielt werden. Sie dürften also ein erfüllteres Dasein haben als herkömmlich gekauftes Spielzeug, das irgendwann im Keller landet und in Vergessenheit gerät. Und die Spielzeuge, die dann doch behalten und gekauft werden, haben immerhin bereits eine Testphase bei den Kindern hinter sich und man weiß, ob sie ankommen und ob auch ausdauernd damit gespielt wird.

Schönes Storytelling im E-Commerce: Julep

Bei Julep kann man Nagellack bestellen. Oder als monatliche Box abonnieren. Das nennt man dann Abo-Commerce.

Nun bin ich zwar so gar nicht der Nagellack-Typ, aber eine Sache hat mir bei Julep doch sehr gut gefallen: Das mit den Mavens!

Mavens? Ich googelte Mavens und fand eine Wikipedia-Seite mit folgender Erläuterung:

Maven (…) bezeichnet einen, meist selbsternannten Experten eines einzelnen Wissensbereiches, der versucht, sein Wissen an andere weiterzugeben.

Nagellack-Experte! Man muss also bei Julep erstmal Nagellack-Experte werden, um die monatliche Box bestellen zu können. Das mag zwar aus verkäuferischen Aspekten wie eine Hürde klingen, in diesem Falle machts aber Spaß! Denn man muss dazu ein kleines Quiz durchlaufen und erhält am Ende seinen persönlichen Style präsentiert.

Das Ganze hat zwei Vorteile:

  • Julep kennt den Style der Kundin und kann daraufhin die Produkte vorselektieren. (Folgende Styles gibt es: Moden Beauty, Boho Glam, Bombshell, Classic with a Twist, It Girl und American Beauty)
  • Und die Kundin erhält eine “Auszeichnung” als Maven und ihr persönliches Styleprofil. Das ist dann ähnlich befriedigend wie ein Brigitte-Test. 😉

Das Quiz ist visuell aufbereitet – man beantwortet einfach über Bildauswahl ein paar Fragen zum eigenen Geschmack bezüglich Frisur, Mode, Schuhe, Freizeit etc. und natürlich Nageldesign.

Und am Ende gelangt man zur Produktseite der Box mit dem passenden Style und kann sie bestellen.

Julep bietet mit der Box noch folgende Vorteile:

  • Mitverdienen, wenn man Freunde als Mavens gewinnt.
  • 20% Nachlass auf alle Produkte im Vergleich zum klassischen Shop plus kostenloser Versand.
  • Man kann vor dem Versand in die Box reinschnuppern und sie evtl. überspringen, verschenken oder auch den Style ändern.

Ich halte das für ein ganz tolles und wirksames Storytelling, das aus dem einfachen Abo einer Kosmetik-Box ein viel spannenderes Produkt macht. Es macht Spaß, den eigenen Style rauszufinden und man hat quasi das Gefühl, etwas geschenkt zu bekommen. Und da das Quiz nicht einfach nur ein zusätzliches Feature der Website ist, sondern in den Bestellprozess integriert ist führt es direkt in die Bestellung.

Lediglich die Verpackung der ganzen Geschichte auf der Website lässt etwas zu wünschen übrig. Gestalterisch ist die Website und die Maven-Aktion mehr als mau, aber wenigstens ist die Website nicht Pink. 😉